Schon immer formten Krisen die Geschichte und legten dabei fundamentale Realitäten unserer Gesellschaft offen. Im dreiteiligen Projektzyklus “Die lebenden Toten” reflektiert die theatrale subversion gemeinsam mit dem Leipziger Künstler Alexander Bauer diese Realitäten in Bezug auf die Covid-19-Pandemie und stellt sich folgende Fragen:
Wie hat sich unser Zusammenleben in der Krise neu organisiert? Was sagt der individuelle Umgang mit der Covid-19-Pandemie und die daran anschließende gesellschaftliche Debatte über die Bemessung des Wertes eines einzelnen Lebens aus? Wie verändert die Krise den gesellschaftlichen Umgang mit dieser Frage? Noch ist ungewiss, wie viele Mensche an den Folgen des Virus sterben werden, aber es trifft bereits jetzt und wird auch weiterhin vornehmlich jene Menschen treffen, deren Stimmen in den gesellschaftlichen Diskursen sowieso oftmals nur sehr schwach zu vernehmen sind (z.B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, geflüchtete Menschen).
Ziel des Gesamtzyklus “Die lebenden Toten” ist es, diesen Mensche die Möglichkeit zu geben, Zeugnis abzulegen und ihnen Gehör zu verschaffen. Denn es ist anzunehmen, dass die Opfer der Pandemie nach der Krise bald wieder in Vergessenheit geraten und die Überlebenden zum Status Quo zurückkehren. Zugleich trägt der Zyklus – und die Bearbeitung des Themas in drei eigenständigen aber verbundenen Teilen – dem besonderen Aspekt der Zeitlichkeit in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Rechnung. Zum einen wissen wir aktuell nicht, wann die Krise enden wird. Zum anderen kann man schon jetzt mit Sicherheit behaupten, dass es in der historischen Betrachtung ein “vor” und ein “nach” Corona geben wird.
Während der erste Teil – “Das Archiv der lebenden Toten” – aus der aktuellen Situation heraus nach einer ungewissen Zukunft fragt, wird der dritte Teil – “Lebende Minus Tote” einen Rückblick auf die Krise wagen. Der zweite Teil “Zwischen den Lebenden und den Toten” bildet als reines Forschungs- und Recherchevorhaben die Schnittstelle zwischen dem ersten und letzten Teil des Zyklus und dient dabei der Verknüpfung und der Reflexion der digitalen Strategien des ersten mit den szenischen Strategien des letzten Teils.
24Aufgrund der Corona-Pandemie mussten leider alle Aufführungen unserer Produktion „Der flüchtige Körper“ im LOT Theater Braunschweig, PATHOS Theater München und in HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste Dresden ausfallen. Ersatztermine für Juli 2020 sind bereits vereinbart und wir hoffen sehr, dass diese stattfinden können. Bis dahin kann man sich die Zeit mit Einblicken in den Probenprozess von „Der flüchtige Körper“ vertreiben. Das Making Of findet ihr auch auf der Homepage von HELLERAU im Performance/Tanz Online-Programm.
30Am 9./10./11. Januar 2020 zeigen wir „Der flüchtige Körper“ je 20 Uhr im Theaterhaus Hildesheim.
„Besonders beredt ist vor allem die Sprache des Körpers, wenn sich Salim Ben Mammar auf endlos-imaginären Wegen gekonnt über Hindernisse hinwegsetzt, vehement dagegen „anrennt“, immer wieder assoziierte Hürden nimmt. Es sind Höhen und Abgründe auf (Flucht-)Wegen, die ein Umkehren unmöglich machen, wo das zwischenzeitlich Erreichte und das Erhoffte längst weit auseinanderklaffen.“
Gabriele Gorgas, DNN, 15.04.2019
„Welchen Einfluss haben all die wiederkehrenden Klischees auf die Alltagswahrnehmung menschlicher Körper? Sind die fünf jungen, sich auf Arabisch unterhaltenden Männer in der Stadtbahn vielleicht einfach nur Auslandsstudenten? Bei der Frage nach den öffentlichen Bildermachern, nach Fotojournalisten, Künstlern und Propagandisten jedweder Ideologien, spielen die Theatermacher mit Identitäten, Geschichten und Haltungen – und hinterfragen auch die eigene Praxis.“ Thomas Kaestle, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 11.09.2019
Infos und Karten gibt es hier:
https://www.theaterhaus-hildesheim.de/spielplan
Zeitplan:
Mittwoch 28.8.: 18-20 Uhr (2h)
Donnerstag 29.8.: 18-21 Uhr (3h)
Freitag 30.8.: 18-21 Uhr (3h)
Samstag Vormittag 31.8.: 2-3h Vorbereitung und “Präsentation”
Anmeldung unter:
https://anderlein17.net/dresden-politisch-gestalten/workshop-raus-auf-die-strasse/
Die Verbindung von künstlerischen Strategien und politischem Aktivismus scheint in Zeiten einer fragmentierten Öffentlichkeit eine besondere Kraft entfalten zu können. Politische Bewegungen – von links und rechts – haben dieses Potential für sich entdeckt, um die eigene Agenda sichtbar zu machen. Ob bei Occupy oder der Identitären Bewegung werden theatrale Mittel genutzt, um mediale Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Doch wo verläuft die Grenze zwischen politischer Aktionskunst und ideologischer Instrumentalisierung künstlerischer Mittel? Und was ist das überhaupt: politische Kunst?
Wir, die Performancekünstler*innen und Theaterwissenschaftler*innen Romy Weyrauch und Michael McCrae, wollen mit Euch in diesem Seminar über diese Fragen diskutieren, gemeinsam Formate politischer Aktionskunst entwickeln und praktisch ausprobieren.
Im ersten Teil des Workshops wollen wir zusammen mit Euch einige Beispiele von Kunstaktionen untersuchen:
Künstler*innen(kollektive) wie Christoph Schlingensief, das”Zentrum für politische Schönheit” oder “PENG!”, haben in den letzten Jahren immer wieder Kunst und politische Aktion geschickt miteinander verknüpft und damit polarisiert. Wie haben sie das gemacht? Wo ähneln sich ihre Ansätze? Wo unterscheiden sie sich?
Auf Grundlage dieser Auseinandersetzung wollen wir dann im zweiten Teil mit Euch eigene aktionistische Formate entwickeln: Wie kannst du ein politisches Anliegen in Aktionskunst verwandeln? Was willst du damit eigentlich erreichen? Und wo liegen hier die Fallstricke?
Im letzten Schritt wollen wir dann mit Euch “Raus auf die Straße!”, um die ein oder andere entwickelte Idee dem Praxistest zu unterziehen.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber wir freuen uns natürlich über interessierte und aktiv(istisch)e Teilnehmer*innen.
07Wir freuen uns auf unsere erste Koproduktion mit HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste Dresden. Die Premiere von „Der flüchtige Körper“ am 11.4.2019 ist bereits ausverkauft, aber für Samstag, 13.04. und Sonntag, 14.04. je 19 Uhr sind noch Karten zu haben. Kommt uns besuchen!
28Die Proben für unsere aktuelle Produktion „Der flüchtige Körper“ haben begonnen. In der Inszenierung sezieren wir – ausgehend von der medialen Bilderflut der letzten Jahre – die Konstruktionen von Körpern im Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung. Es entsteht ein Format zwischen Videoinstallation, Performance und Choreografie. Premiere ist am 11.04.2019 um 20 Uhr in HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden. Weitere Aufführungen: 13./14.04.2019, je 19 Uhr.
06Unsere Inszenierung „1989 [exit ghost]“ beschäftigte sich mit der Rezeptionsgeschichte des Untergangs der DDR und mit politischen Handlungsoptionen damals wie heute. Auf der Bühne standen Vertreter*innen der sogenannten 3. Generation Ost – heute Mitte zwanzig bis Mitte dreißig Jahre alt und in der ehemaligen DDR geboren, gemeinsam mit gleichaltrigen Darsteller_innen, die in der BRD aufwuchsen. 2014/15 ging das Stück auf Gastspieltour und führte uns unter anderem nach New York. Hier trafen wir den Soziologen Jonathan Bach an der New School. In seinem kürzlich erschienen Buch „What Remains – Everyday Encounters with the Socialist Past in Germany“ widmet er uns den Epilog und liefert eine lebendige Darstellung ostdeutscher Transformationserfahrungen. Allen, die die (eigene) ostdeutsche Vergangenheit nicht in Ruhe lässt und die einen tieferen Einblick jenseits dogmatischer und vereinfachender nostalgischer Betrachtungen gewinnen wollen, sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Eine deutsche Übersetzung im Reclam Verlag ist gerade in Arbeit.
08Diesen Sonntag, den 09.09. lädt HELLERAU Europäisches Zentrum der Künste zum Spielzeitfest zum Tag des offenen Denkmals ein und bespielt das ganze Festspielhaus! Die Farben und Pinsel wurden bereits rausgeholt, überall wird gewerkelt und geprobt. Wir haben uns im Studio West einquartiert und bereiten hier für euch unsere Sound- und Videoinstallation „abstracts of men“ vor, die aus der gleichnamigen Inszenierung von Romy Weyrauch aus dem Jahr 2009 hervorgegangen ist. Was denken Männer über ihre eigene Männlichkeit? Wir haben das Material entstaubt, neu sortiert und freuen uns auf das Fest!
12Flucht ist Körper in Bewegung, ist die Überwindung von Raum. Der Körper auf der Flucht ist immer auch Körper jenseits des ihm zugeordneten Raums. Er befindet sich zwischen einem Woher und einem Wohin. Was nimmt er mit aus diesem Woher? Wie verändert seine Anwesenheit das Wohin? Wie sieht ein flüchtiger Körper aus?
Das RAC – Refugee Art Center HELLERAU veranstaltet vom 24.-26.08.2018 den Workshop „Körper. Flucht. Raum.“ unter unserer künstlerischen Leitung. Dabei unterstützen uns der Kölner Choreograph, Tänzer und Parkourtrainer Salim Ben Mammar, der Videokünstler David Campesino und der Komponist Daniel Williams. Gemeinsam mit 10 – 15 Teilnehmer*innen mit und ohne Fluchterfahrung werden wir uns künstlerisch-forschend mit Körperbildern in Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung auseinandersetzen.
Im Workshop erproben wir Techniken der Performance, des Tanzes, des Pakours, der Video- und Soundproduktion und ermöglichen so eine multiperspektivische Annäherung an das Thema.
Das Angebot richtet sich an Menschen, die sich für zeitgenössische Formen des (Tanz-)Theaters und der Medienkunst interessieren. Es ist kultur- und generationsübergreifend. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Wir freuen uns über euer Interesse.
Anmeldung: r.weyrauch(at)theatralesubversion.de
07Wir alle wissen es eigentlich, doch verdrängen es gern: Alles hat ein Ende. Und deshalb möchten wir euch ganz herzlich dazu einladen mit uns feierlich Abschied zu nehmen. Am kommenden Wochenende – am Samstag und Sonntag, den 11. und 12. November um jeweils 20 Uhr – spielen wir die letzten beiden Vorstellungen unserer Bühnenperformance „Die Kunst zu sterben“ im Societaetstheater. Darin ermöglicht die 77-jährige Schauspielerin Ilse Bendin den Zuschauer*innen einen Einblick in ein bewegtes Leben und eine ebenso bewegte Theaterkarriere. Sie erzählt von schillernden und tragischen Bühnentoden und stirbt einige dieser Tode ein weiteres Mal. Zugleich ist dieser Theaterabend eine intime Reflektion über die eigene Endlichkeit, über Trauer und Verlust – dabei aber auch ganz leicht. Nach der intensiven Zusammenarbeit mit einer wirklich großartigen Künstlerin, letztendlich zwanzig Vorstellungen in fünf Städten und spannenden Reaktionen, Begegnungen und Diskussionen sind wir ein wenig wehmütig und hoffen auf eine angemessene Totenfeier.
21Unser Videowalk „Meine fremde Stadt“, den wir im Rahmen des Kinder- und Jugendtheaterfestivals WILDWECHSEL 2017 am tjg. theater junge generation Dresden produziert haben, hat am Freitag, den 22.09.2017 Premiere! Und bevor wir das morgen ordentlich feiern, möchten wir uns noch einmal herzlichst bei allen Beteiligten, Statist*innen, Unterstützer*innen und Partner*innen für ihr Mitwirken bedanken. Ohne euch wäre dieses Riesenprojekt nicht möglich gewesen! Und dank David Campesinos Filmschnittkunst kann man jetzt schon mal auf das Ergebnis schielen. Und zwar hier:
16Heute und morgen spielen wir wieder am Societaetstheater Dresden: 16.09. + 17.09. je 20 Uhr.
„Wie Bendins Bühnentod als furchtlose Freiheitskämpferin auf dem Scheiterhaufen und ihre eigene beginnende Gängelung durch die Stasi miteinander verknüpft sind, wird eindrucksvoll herausgearbeitet. Statt das Publikum emotional zu überrollen, wird auf szenische Reflexion gesetzt. […] Dieser im Ganzen mit viel Fingerspitzengefühl inszenierte Theateressay zu Leben, Bühne, Alter und Tod ist sehenswert.“ Andreas Eberhard, Braunschweiger Zeitung, 24.08.2016
„Voller Lust erhängen, erstechen, vergiften sie sich – das ist voll Komik, voll von morbidem Humor. […] Das klingt so bedrückend und ist doch ganz leicht. Eine Reflexion von Alter und Tod als Feier des Lebens, die bei ihrer Dresden-Premiere auf der Kleinen Bühne des Societaetstheaters ein überwiegend junges Publikum begeisterte. […] Man sollte es sich im Kalender notieren.“ Dresdner Morgenpost, 9.12.2016
„Überhaupt ist Ilse Bendin eine ausgezeichnete Wahl. Sie ist […] eine resolute Frau, die aus einem bewegten, nicht immer einfachen Leben erzählen kann.“ Jan Fischer, Nachtkritik, 20.08.2016
12Allow me to introduce you to: Daniel Williams
Auch die Zusammenarbeit mit dem Komponisten und (Bühnen-) Musiker Daniel Williams stellt eine Premiere für uns da. Wohnhaft in Dresden, ist Daniel auch international mit seinen Live-Sets auf Bühnen und in Klubs zu sehen und zu hören. Er kombiniert seine elektronischen Soundlandschaften aber auch mit Lyrik und bildender Kunst. Analoge Synthies, treibende Beats, feel the funk – Daniels künstlerische Vielseitigkeit und sein Gespür für den szenischen Moment machen ihn zu einer großen Bereicherung. Und dann ist er auch noch ein verdammt cooler Typ.
Daniel hat als Komponist und Bühnenmusiker zahlreiche Soundtracks für Theater Derevo produziert, darunter auch für die preisgekrönten Shows ‚Ketzal‘ und ‚Mephisto Walz‘. Weitere Kooperationen u.a. mit The Guts Company, Valentine Tzin, The JuWie Dance Company, Yamile Navarro und Freaks und Fremde (aktuell: „Der Bau“). Er lässt seine Musik aber auch gern für sich spielen: Als Musiker hat er auf Festivals in Deutschland und Taiwan gespielt, darunter DAVE, CYNETART und Tapei Soul. Als „Ghostradio“ veröffentlichte er auf Lockertmatik und phonocake. Zuletzt spielte er ein Live-Set beim Drone Sleepover in Berlin. Das Ergebnis der Kooperation mit der Dichterin und Musikerin Anne Seidler lässt sich voraussichtlich beim CYNETART ’17 bestaunen.
07Pünktlich zum Kinder- und Jugendtheaterfestival Wildwechsel hat die theatrale subversion Zuwachs bekommen. Die Wunschkinder Jenny Barthold und Daniel Williams sind wohlauf und wir sind überglücklich, dass wir Sie als Teil des Teams für die Produktion „Meine fremde Stadt“ gewinnen konnten. Knapp drei Wochen vor der Premiere unseres Videowalks am tjg. theater junge generation Dresden nutzen wir die Gelegenheit, um euch beide kurz vorzustellen:
Gestatten: Jenny Barthold
Für den Videowalk „Meine fremde Stadt“ dürfen wir zum ersten Mal mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Jenny Barthold zusammenarbeiten. Und sie hat dann auch gleich nicht nur das großartige Szenen-, sondern auch noch das – genauso großartige – Kostümbild entwickelt und umgesetzt. Nicht umsonst ist sie heißeste Anwärterin auf den Titel „Mitarbeiter*in des Jahres“. Das Ergebnis bestaunt man am besten selbst ab dem 22. September am und um das tjg, Dresden.
Jenny wurde in Dresden geboren und studierte zunächst Architektur. Seit 2006 ist sie als Bühnen- und Kostümbildnerin in der freien Szene vor allem in Schleswig-Holstein und Sachsen freiberuflich tätig gewesen. Von 2013-2017 war sie am Staatsschauspiel Dresden als Bühnen- und Kostümbildassistentin für verschiedene Produktionen tätig. Seit Sommer 2017 ist sie wieder frei unterwegs und arbeitet für verschiedene Gruppen der freien Szene sowie als Bühnenbildnerin am Staatsschauspiel Dresden.
23Was macht eigentlich gute Kunst für junge Menschen aus? Sollte sie überhaupt anders sein als die für ein Publikum, das der Adolezenz zumindest vom Alter her längst entstiegen ist? Diesen Fragen dürfen wir uns aufgrund einer kurzfristigen Ausschreibung des diesjährigen Kinder- und Jugendtheaterfestivals WILDWECHSEL am tjg. theater junge generation Dresden in unserer neuen Arbeit stellen. Mit einem großartigen Produktionsteam produzieren wir gerade den Videowalk „Meine fremde Stadt“ für Kinder von 8 – 12 Jahren und erzählen darin die Geschichte von Ella – einem Mädchen um die 10 Jahre alt -, das gerade erst nach Dresden gezogen ist und von ihren Eindrücken und Gefühlen als „die Neue“ berichtet. Die intensiven Dreharbeiten sind bereits abgeschlossen und während wir uns weiter an unseren Erinnerungen an eine Zeit abarbeiten, in der wir noch nicht die alleinige Verantwortung für unser Leben trugen, wird bereits auf Hochtouren am Film geschnitten. Welches Ergebnis der Postproduktion am Ende entschlüpft, könnt ihr zur Premiere am 22. September 2017 am tjg. theater junge generation sehen. Wir spielen hier solange schon mal weiter.
10Nachdem die Renovierungsarbeiten abgeschlossen wurden, spielen wir am 10./11. Mai um 20 Uhr wieder „Die Kunst zu sterben“ im Societaetstheater Dresden. Alle, die das Stück noch nicht gesehen haben und ein paar Einblicke in das Leben der Protagonistin Ilse Bendin gewinnen wollen, können im Vorbericht der Sächsischen Zeitung vom 6. Dezember 2016 nachlesen. Wir freuen uns auf die Vorstellungen und euren Besuch! Und wer es diesmal nicht schafft, hat am 16./17. September und 11./12. November noch einmal die Gelegenheit die Inszenierung zu sehen.
05Nachdem heute der erste Akt der offiziellen Eröffnung des Zentralwerks gefeiert wurde, geht es morgen weiter. Ab 11 Uhr am Samstag, den 6.5.2017, bis in den späten Abend könnt ihr die Mieter*innen und Künstler*innen in ihren Wohnungen und Ateliers besuchen und kennen lernen. Auch wir sind dabei und haben unser Büro für euch eingerichtet – im Turm C, 2. OG „Büro um die Ecke“. Wir würden uns freuen euch zu sehen und mit euch zu feiern und zu tanzen!
297. + 8. Dezember 2016, Societaetstheater Dresden, 20 Uhr
Fotografie und Plakatgestaltung von Peter Kreibich
Nachdem „Die Kunst zu sterben“ im August im LOT Theater Braunschweig Premiere feierte und unter anderem im Theaterdiscounter Berlin lief, kommen wir jetzt endlich „nach Hause“. Das Stück ist die erste Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner Societaetstheater Dresden und die Aufführungen hier sind für uns deshalb etwas Besonderes. Wer mehr über das Haus erfahren will, dessen Freundeskreis sich bemerkenswerter Weise bereits im Jahre 1776 gründete, kann das hier: http://www.societaetstheater.de/house/history.html
Karten bekommt ihr über die Homepage oder telefonisch beim Societaetstheaters unter: 0351 – 803 68 10
29Vielen Dank Sophie Gittermann für die Aufführungsfotos von „Die Kunst zu sterben“. Was sie in ihren Bildern festgehalten hat, beschreibt der Kritiker Andreas Eberhard am 24.8.2016 in der Braunschweiger Zeitung so:
„So wird organisch zwischen den Perspektiven gewechselt. In der Person Ilse Bendins hängt alles miteinander zusammen. Untermalt und vorangetrieben von Stephanie Krahs sparsam arrangierten, aber effizienten Loopstation-Sounds entfaltet das von Regisseur Michael McCrae ersonnene Stück eine fesselnde Erzählung. Lebenserinnerungen und ihre Bühnentode entlocken sich wechselseitig immer neue Facetten und Zwischentöne. […] Wie Bendins Bühnentod als furchtlose Freiheitskämpferin auf dem Scheiterhaufen und ihre eigene beginnende Gängelung durch die Stasi miteinander verknüpft sind, wird eindrucksvoll herausgearbeitet. Statt das Publikum emotional zu überrollen, wird auf szenische Reflexion gesetzt. […] Dieser im Ganzen mit viel Fingerspitzengefühl inszenierte Theateressay zu Leben, Bühne, Alter und Tod ist sehenswert.“
Die nächsten Möglichkeiten das Stück zu sehen sind am 26./27./28./29./30. Oktober im Theaterhaus Hildesheim und am 03./04./05. November im Theaterdiscounter Berlin. Kommt! Kommt!
Morgen fahren wir nach Braunschweig um die Bühne und Technik einzurichten und am Freitag ist dann endlich die Premiere von „Die Kunst zu sterben“. Es wird also allerhöchste Zeit ein bisschen mehr über die Produktion zu verraten. Und das machen wir indem wir unser beliebtes Interviewformat wieder aufleben lassen und dem Regisseur Michael McCrae, der zusammen mit Romy Weyrauch (Co-Regie) das Stück inszeniert hat, ein paar Fragen stellen.
Lieber Michael, die Idee von „Die Kunst zu sterben“ kam von dir. Kannst du in wenigen Sätzen zusammenfassen, um welche Inhalte es in dem Projekt geht?
Ausgangspunkt der Produktion ist die Auseinandersetzung mit dem Bühnentod bzw. dem Sterben auf der Bühne. Glücklicherweise konnten Romy und ich die 76-jährige Schauspielerin Ilse Bendin für das Projekt gewinnen. Sie ist die Protagonistin von „Die Kunst zu sterben“ und wird auf der Bühne einen Rückblick auf ihr bewegtes Leben und natürlich auch bewegte Theater-Karriere wagen. Ilse Bendin hat drei Staatsformen erlebt, sie ist im Krieg geboren, hat einen Großteil ihres Lebens in der DDR verbracht und dort Theater gespielt, hat aber auch nach der Wende im wiedervereinten Deutschland auf Bühnen und vor Kameras gestanden. Ihre Biographie ist also voller Brüche und Widersprüche. Gemeinsam mir Ilse suchen wir nach Parallelen aber auch Unterschieden zwischen dieser Biographie und den Rollen, die sie gespielt hat. Auf Theaterbühnen sterben Figuren ja meist aus gutem Grund: für ihre Überzeugungen, aus Liebe oder weil sie mit verschiedenen Auffassungen von Recht und Gerechtigkeit in Konflikt geraten, wie in der antiken Tragödie. Kurz: Der Bühnentod ist oftmals ein Moment des verdichteten Sinns. Im „echten Leben“ ist es dagegen oft sehr schwer angesichts des Todes Sinn zu erzeugen. Dieses Spannungsfeld bearbeitet „Die Kunst zu sterben“.
Und wie habt ihr das ästhetisch umgesetzt?
Den Proben ist eine lange Recherchephase vorausgegangen. Romy und ich haben mit Ilse Bendin mehrere lange Interviews geführt. Daraus sind sehr persönliche Texte entstanden – sie geben einen Eindruck vom Ringen um die Erzählung des eigenen Lebens unserer Protagonistin. Zugleich standen die Bühnentode, die Ilse schon gestorben ist, im Fokus. Wir haben nach jenen Todesszenen gesucht, die auf unterschiedliche Arten mit dieser Biographie verknüpft sind und uns als Folie dienen; die Kommentar oder Ausgangspunkt sind für das autobiographische Berichterstatten. Diese Tode werden nacherzählt aber auch nachgespielt. Der dokumentarische Charakter der Arbeit wird ästhetisch durch unterschiedliche Materialien unterstützt – Fotos, O-Töne, Dokumente – die wir medial in die Inszenierung eingearbeitet haben. Trotzdem würde ich „Die Kunst zu sterben“ nicht als dokumentarisches Theater bezeichnen. Vielmehr wird das augenscheinlich Authentische oder auch Autobiographische immer wieder in Frage gestellt. Es geht uns auch um die Unmöglichkeit ein konsistentes Narrativ des eigenen Lebens zu entwerfen. Auf der Bühne stehen und sterben neben Ilse meine Co-Regisseurin Romy Weyrauch, die auch performt und die Sound-Künstlerin Stephanie Krah. Romy und Steph nehmen verschiedene Funktionen ein: Sie sind Anspielpartnerinnen, die in verschiedene Rollen schlüpfen, zugleich Bühnenarbeiterinnen und Komplizen. Stephanie Krah entwirft zudem einen Live-Soundtrack des Körpers der Protagonistin, dessen Inszenierung einen weiteren ästhetischen Schwerpunkt des Abends bildet. Wie sie das macht, möchte ich allerdings an dieser Stelle noch nicht verraten.
Wie bist du darauf gekommen? Hast du einen persönlichen Bezug zu dem Thema?
Was den persönlichen Bezug angeht, kann ich nur sagen: Die Frage danach wie man sterben möchte, wird wohl für die meisten Menschen früher oder später existentiell – im wahrsten Sinne des Wortes. Wie viele andere bin ich im persönlichen Umfeld damit schon konfrontiert worden. Und da geht es ja nicht nur um Sterbehilfe und Selbstbestimmung. Ich glaube angesichts des Todes wird eigentlich eine andere Frage sehr wichtig: Wie möchte ich leben? Beziehungsweise: Welche Form gebe ich meiner Existenz – besonders im Rückblick? Das Thema ist also unüberschaubar groß und betrifft zugleich jeden.
Die konkrete Idee eine Performance zu diesem Thema zu machen, trage ich jetzt schon einige Jahre mit mir herum. Es klingt vielleicht makaber, aber irgendwann las ich zufällig einen Artikel über einen Judas-Darsteller in Brasilien, der während eines Passionsspiels tödlich verunglückte. Die Figur des Judas begeht in dieser Inszenierung Selbstmord durch den Strick. Tragischerweise machte der Darsteller wohl einen Fehler bei einer Vorstellung und strangulierte sich wirklich, was zuerst niemand bemerkte. Wenn wir im Theater sind, gehen wir ja auch nicht davon aus, dass da jemand wirklich sterben könnte. Aber mit dem „wirklichen“ Tod hört das Theater natürlich auf. Schlimmer kann eine Inszenierung nicht scheitern. Trotzdem wird ja in der Theaterliteratur unglaublich viel gestorben – man denke nur an Shakespeares Dramen. Mir wurde klar, dass der Tod auf der Theaterbühne eine besondere Rolle spielt. Einerseits ist er das Ende jeder Darstellung und gleichzeitig offenbart sich das Theater im Moment eines Bühnentodes selbst. Das fand ich einfach sehr interessant.
Du hast zwar schon kleinere Regiearbeiten gemacht, bist aber zum ersten Mal hauptverantwortlich für ein Projekt mit größeren Produktionspartnern und Förderern und mehreren Spielstätten in verschiedenen Bundesländern. Magst du kurz beschreiben wie es sich bisher für dich anfühlt so zwischen großer Chance und großer Verantwortung?
Ich begreife die Zusammenarbeit mit der theatralen subversion wirklich als tolle Chance. Nach meinem Studium in Gießen bin ich ja erst recht frisch in Dresden und da ist es natürlich eine super Gelegenheit euer Know-How und die Produktionsstrukturen der theatralen subversion im Rücken zu haben. Zugleich hat sich in der aktuellen Zusammenarbeit der Eindruck verstärkt, dass man auch ästhetisch eine gemeinsame Sprache spricht, was mich zum Punkt Verantwortung führt. Für die Produktion „Die Kunst zu sterben“ teile ich mir die künstlerische Leitung mit Romy, was wirklich erstaunlich gut funktioniert. Dann sind mit Stephanie Krah eine tolle Theater-Musikerin und mit Katja Turtl eine ebenso tolle Bühnen- und Kostümbildnerin mit im Boot. Die künstlerische Verantwortung liegt somit auf verschiedenen Schultern, was mich nicht nur persönlich entlastet, sondern auch meiner Vorstellung von Theaterproduktion im Team und mit klaren Zuständigkeiten entspricht. Außerdem haben wir mit Martin ja auch noch einen sehr erfahrenen Produzenten im Hintergrund, was extrem wichtig für ein konzentriertes künstlerisches Arbeiten ist. Kurzum: Die Realisierung des Abends ist Chance und große Verantwortung zugleich, was aber von einem super Team aufgefangen wird, weshalb – bis jetzt – noch keine Panikattacken oder ähnliches zu vermelden sind.
Als Absolvent der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen haftet dir ja automatisch der Stallgeruch des Avantgardisten und Theaterzertrümmerers an. So warst du zum Beispiel bei einer Kunstaktion beteiligt, die darin bestand, die Hauptbühne des Maxim-Gorki-Theaters zu besetzen, um auf die ökonomische Situation von Theatertreibenden aufmerksam zu machen. Was bringt dich dazu mit Bühnentode eine doch eher konventionelle Stückentwicklung zwischen Sprechtheater und Bühnenperformance zu versuchen? Was macht die Konzeption besonders?
Erstmal glaube ich, dass das mit dem Stallgeruch und dem Zertrümmern so Zuschreibungen sind, die sich seit den 90er Jahren halten, aber eigentlich keine wirkliche Aussagekraft mehr besitzen. Einfach immer alles zu Zertrümmern interessiert mich auch gar nicht, dafür muss es ja auch erst mal was zum Zertrümmern geben. Vielmehr möchte ich mir die Freiheit eingestehen verschiedene ästhetische Umsetzungen für verschiedene Inhalte finden zu dürfen, die ich bearbeiten will. In Berlin am Maxim-Gorki ging es zum Beisiel darum ein Festival-Beitrag zum Thema „Aufstand proben“ einzubringen. Die Gießener Studierenden zu denen ich damals gehörte, wollten auf die ökonomische Ausbeute von Kulturschaffenden in der freien Szene – besonders hinsichtlich eben solcher Festivalstrukturen – aufmerksam machen, bzw. die Frage aufwerfen, ob sich der Wert von Kunst überhaupt ökonomisch bewerten lässt. Die Besetzung der Bühne als Kunst-Aktion war da einfach ein konsequenter künstlerischer Ansatz. In „Die Kunst zu sterben“ steht nun der Bühnentod und sein Verhältnis zur „realen“ Vergänglichkeit im Fokus. Und in diesem Zusammenhang ist Ilse Bendin nun mal eine Art Expertin. Als Schauspielerin bringt sie bestimmte Darstellungsstrategien und Fähigkeiten mit, die gerade in diesem Kontext sehr interessant sind. Sie kann in verschiedene Rollen schlüpfen – sogar in verschiedene Ausgaben der Figur Ilse Bendin. Und auch wenn ich eher aus dem performativen Theaterkontext komme, finde ich Theatertraditionen, die dann schnell mal unter dem Überbegriff Sprechtheater subsumiert werden, per se nicht uninteressant. Ob das Ergebnis nun konventionell genannt wird oder nicht, sollen andere entscheiden. Was an dem Abend wirklich besonders ist, ist unsere Protagonistin Ilse selbst. Dass sich da jemand mit 76 Jahren und der langen Vorerfahrung am Stadttheater nochmal auf eine für sie wirklich andere Art des Theaters einlässt und so einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt zulässt, hat mich sehr beeindruckt.
Du hast ja von der theatralen subversion eine Menge Vertrauensvorschuss bekommen nach der Assistenz bei „Terra Cognita“ gleich ein eigene Idee umsetzen zu dürfen. Wie kam das zustande? Bist du jetzt Mitglied des Kollektivs? Wie sehen deine künstlerischen Pläne für die Zeit nach dem Projekt aus?
Ich bin vor mittlerweile gut einem Jahr mit der Idee an Romy und Martin herangetreten, da ich mir vorstellen konnte, dass die theatrale subversion das richtige Umfeld für die Realisation solch eines Abends bietet. Nach der Produktion „Terra Cognita“, bei der ich ja dann doch stärker in die Stückentwicklung einbezogen wurde, hatte ich zudem den Eindruck, dass ihr auch Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit mir hattet. Und mit beiden Vermutungen lag ich ja offensichtlich ganz richtig. Auf jeden Fall hatte ich nicht das Gefühl, euch zu dem Projekt überreden zu müssen. Was die Mitgliedschaft betrifft: Faktisch bin ich jetzt an den zwei aktuellen Produktionen der thetralen subversion beteiligt. Neben „Die Kunst zu sterben“ unterstütze ich ja auch Martin dramaturgisch bei seiner interaktiven Performance „Mikropolis“, die bald in Weimar im Rahmen des Kunstfestes Premiere feiert. Und da sich die theatrale subversion selbst eher als freies Kunstler*innen-Netzwerk denn als festes Kollektiv begreift, kann man mich aktuell durchaus als Mitglied bezeichnen. Auf jeden Fall kann ich mir eine weitere Zusammenarbeit mit euch gut vorstellen. Wie die genau aussehen könnte, muss man nach den beiden anstehenden Premieren zusammen besprechen. Da habt ihr ja auch ein Wörtchen mitzureden.