Die Kaffeemaschine geht kaputt. Eine Schnittstelle bricht, ein Kleinteil ist verloren gegangen und ein Ersatzteil ist nicht zu bekommen: Die Kaffeemaschine muss neu gekauft werden. Das bekannte Problem der Sollbruchstellen von Maschinen und Gebrauchsgegenständen sorgt für den ständig aufrechterhaltenen Bedarf an Neuanschaffungen, Reparaturen sind häufig sogar teurer als das Kaufen eines neuen Geräts. So haben wir gelernt funktioniert eben der Kapitalismus, angekurbelte Wirtschaft durch Steigerung des Bedarfs an Dingen.
Die Bewegung der Makers versucht dieser Abhängigkeit von Produkten seit einigen Jahren etwas entgegen zu setzen. Sie nutzen die Weiterentwicklung von 3D Druckern, wie sie schon länger in der Industrie benutzt werden für den Schreibtisch zu Hause. RepRap und Makerbot produzieren 3D Drucker, die mit Hilfe von OpenSource Software jedes beliebige Objekt auf dem Schreibtisch zu Hause einfach ausdrucken.
„Einfach“ ist etwas zu einfach. Denn man benötigt ein gewisses technisches Verständnis und muss in der Lage sein, die Software zu bedienen um ein 3D Modell eines Gegenstandes zu bearbeiten, geschweige denn zu kreieren. Die Industrie um die 3D Drucker befindet sich in einer rasanten Entwicklung, die riesigen schrankgroßen Drucker, die Firmen zur schnellen Herstellung von Prototypen nutzen, werden ersetzt durch kleinerer Geräte, die eine ebenso gute, wenn nicht sogar bessere Leistung erzielen. (vgl. ZEIT Online, Oktober 2012)
Der Gedanke, der an der Revolution und „Schreibtischisierung“ von 3D Druckern jedoch so interessant ist, findet sich vor allem in der Fähigkeit der 3D Drucker sich selbst zu reproduzieren, indem alle Teile, die für den Bau eines 3D Druckers benötigt werden von einem solchen auch ausgedruckt werden können.
RepRap from Adrian Bowyer on Vimeo.
Folgt man diesem Gedanken nur ein kurzes Stück, stellt man schnell fest, dass die Diskurse, die sich um die Weiterentwicklung der 3D Druckertechnologien und Softwaresysteme drehen, weit mehr implizieren als den Ersatz von kaputten Teilen an der Kaffeemaschine. Schnell ist man versucht in der Bewegung der Makers eine Wiederaneignung der Produktion durch die ArbeiterInnen zu sehen. Die am Fließband ihrer Hände Arbeit enteigneten ArbeiterInnen holen sich das Fließband kurzerhand auf den Küchentisch und erschaffen sich selbst die Dinge, die sie wirklich benötigen. Von Entfremdung keine Spur. Könnte man meinen.
Johan Söderberg wendet sich in le monde diplomatique („Autonome Maschinen auf dem Küchentisch, Arbeiten im digitalen Industriezeitalter„, Januar 2013) vor allem der Frage nach dem Arbeitsbegriff zu, die sich direkt an die Autonomisierung von Produktion anschließt. Söderberg legt anhand einer kurzen Skizze der Entwicklung der Produktion, also der Entwicklung des Arbeitsbegriffs im Fordismus dar, wie stark die Optimierung von Maschinen dazu geführt hat die Arbeiter ihres geistigen Eigentums zu berauben. Und er argumentiert konsequent, dass die Automatisierung von Maschinen in der Geschichte der Industrialisierung immer dazu da war, die ArbeiterInnen auszuschalten, sie mit ihren menschlichen Fehlbarkeiten aus der Perfektion der Produktion auszuschließen.
„Die Makers sind [..] nicht die Erben der Arbeiterbewegung, sondern eher das historische Resultat ihrer Negation“ (Söderberg, ebd. S. 3).
Es geht also um die Bewusstwerdung über die Vielschichtigkeit der Diskussion. Denn vordergründig ließe sich in der Idee der Makers eine Vision für einen aktuellen Dritten Weg erkennen: Innerhalb des kapitalistischen Systems, innerhalb der Hinwendung zu Produktionsgütern und Designobjekten, die vermeintlich Identität konstruieren, ermächtigen sich Menschen der Technologien, die für diese Identitätsprodukte benutzt werden. Doch lehnt dieser Grundgedanke die Technologisierung und Objektivierung von Welt nicht rundheraus ab, sondern ermächtigt sich eben ihrer Strukturen und Technologien. Die ArbeiterInnen wirken der Entfremdung von ihrem Produkt entgegen und machen den Neukauf von Dingen und damit das Rotieren des Wirtschaftskarussells vordergründig müßig. Die Heroisierung von Produktion innerhalb der Negation ihrer selbst.
An der Absurdität des letzten Satzes merkt man schon, dass der Gedanke nicht ganz aufgeht. Denn die Abhängigkeit zur Maschine bleibt bestehen. Die ausgedruckten dreidimensionalen Objekte ähneln sich allesamt durch eine leicht ausgefranste Oberflächenstruktur, medizinisch anmutende Farbgebung und dem Glanz von ausgespuckten Kaugummis. Hier schließt sich die Frage nach dem Wert des Originalcharakters von Objekten an: wie wichtig ist uns die unverwechselbare Oberflächenstruktur einer handgefertigten sagenwirmal Vase? Ist es nicht vielleicht Zeit vom Benjaminschen Auracredo abzulassen und die Wunder und Möglichkeiten von Open Source Software in ihrem antikapitalistischen Potenzial hochleben zu lassen?
Die Makers fordern genau dies und schlagen damit einen Gedankengang vor, der als Konzept ein interessantes Feld aufmacht für die Entwicklung von Selbstermächtigungsstrategien im gegenwärtigen Kapitalismus. Die Abhängigkeit von der Funktionstüchtigkeit der Maschine stellt noch den pragmatischen Haken der Idee dar, sowie die Verhaftung in der Anbetung von Produktion. Aber an beidem lässt sich noch schleifen, mit Nachdruck.