Das Wochenende ist schon ein paar Tage her und trotzdem kommt es uns vor wie gestern: X ped/t ition # 2 ist am letzten Freitag gestartet und wir haben drei Nächte lang ein Fest der Liebe gefeiert. Für „Liebe – Fest unkonventioneller Beziehungsformen“ haben wir ein Haus auf dem Ostragelände in Dresden in einen Palast der Liebe verwandelt, in dem wir zusammen mit insgesamt rund 200 Gästen die Freie Republik Liebe gegründet haben.
Beim Betreten des Geländes auf dem ehemaligen Schlachthof, der jetzt jedes Jahr als Ausstellungsort für die Ostrale fungiert, bekam man unseren Reiseführer in die Hand gedrückt: Einen Reiseführer für die Freie Republik Liebe. Wenn man eine Republik gründen will, braucht man neben Kleinigkeiten wie einer Bevölkerung auch eine Verfassung– wir haben für die Freie Republik Liebe elf Artikel für unsere Verfassung vorgeschlagen. Diese Artikel konnte man dem Reiseführer und der Wand im ersten Raum des Liebes -Palastes entnehmen. Dann haben unsere Gäste spontan zu Mitgründer_innen der Freien Republik Liebe erklärt und sie eingeladen, diese elf Artikel um ihr eigenen Ideen für neue Artikel und Verbesserungsvorschläge zu ergänzen.
War man einmal drin im Palast, konnte man von dem Hauptraum aus, in dem vor allem geknutscht, getanzt, getrunken und gefeiert wurde, in kleinere Räume gelangen. Jeder Raum gehörte zu einem der Artikel aus unserem Verfassungsvorschlag. Im Theorieraum gab es neben vollgeschriebenen Wänden Vorträge und Diskussionen über die Liebe in den Bedingungen der Realität:
Die Liebesschmerz-Kammer lud zu Liebesschmerzzeremonien ein:
Und im Großen Garten konnte man anderen Mitgründer_innen im Zelt flüsternd und vertraulich Geschichten aus seiner sexuellen Biographie erzählen und den Geschichten der anderen „Zeltmitglieder“ zuhören.
Wer sich spontan verliebt hat, konnte Liebesbotschaften über ein Walkie Talkie oder über selbstgebastelte Briefchen verschicken lassen. Die Liebesbotschafter_innen überbrachten diese Briefe und Nachrichten an die betreffenden Personen, und so mancher Kussbotschafter hatte die Lippen voll zu tun.
„Die Freie Republik Liebe war ein Interaktionskunstwerk, dem es beeindruckend gelang, unsere Sehnsucht nach Befreiung und Bestätigung zur Schau zu stellen“ schrieb Marcel Pochanke in der Sächsischen Zeitung und spricht damit auch über die Räume von denen wir noch Fotos sammeln, das Kontrollabgabezimmer, den Tantraraum, die Videobotschaften oder das Atelier, in dem man seine erogenen Zonen zeichnen lassen konnte. Dabei ging es uns nicht nur um das zur Schau stellen, sondern vor allem auch um die Anerkennung und lustvollen Überschreitung der eigenen Grenzen.
Wir schreiben hier schon im Präteritum, denn die Räume sind wieder leer, die Böden sauber und die Getränke weg, aber sie ist nie vorbei- die Liebe. Eine kleine Gruppe überlegt grade wie man einzelne Formate aus dem Fest der Liebe wiederholen und weiterlieben kann. Wir sammeln noch ein paar Bilder und bald gibt es dann hier eine Fotogalerie zu sehen, die sich gewaschen hat. Wir freuen uns auf die Zukunft der Liebe und machen schon mal einen Tee.